Sprungziele
Seiteninhalt

Jüdischer Friedhof

Jüdischer Friedhof
Jüdischer Friedhof

Der Jüdische Friedhof Pr. Oldendorf ist das einzige und letzte Kulturerbe der früheren Synagogengemeinde Preußisch Oldendorf, deren Wurzeln bis in das Jahr 1677 zurückreichen. Die Eröffnung dieses Friedhofs erfolgte durch eine Genehmigung des preußischen Königs Friedrich des Großen vom 24. Oktober 1740. Auf diesem Friedhof liegen frühere jüdische Bürger und Bürgerinnen von Pr. Oldendorf, Holzhausen, Lübbecke und Levern.

Das heutige Gräberfeld umfasst eine Fläche von ca. 700 m². Die auf diesem Gräberfeld stehenden 58 Grabsteine bzw. Grabstein-Reste (versunken oder zerstört), geben mit ihren Grabinschriften, ihren Symbolen und der Art ihrer Gestaltung Aufschluss über die Größe und den Umfang der früheren jüdischen Gemeinde, ihre Bestattungsriten, die Stellung der Jüdinnen und Juden in ihrer Gemeinde und in ihrer Umgebung, ihren Glauben, den Prozess der allmählichen Integration in die Gesellschaft dieser Region im 19. und 20. Jahrhundert und über das abrupte Ende dieses Prozesses und das existentielle Ende der jüdischen Gemeinde während der Zeit des Nationalsozialismus.

Von den 58 Grabsteinen und Grabstein-Resten sind 21 Steine in hebräischer Sprache beschriftet, 28 Steine in hebräisch-deutscher Sprache, ein Sockelstein mit einem zerstörten Davidstern ist ohne Beschriftung und acht Grabsteine haben nur deutsche Inschriften. Der älteste Grabstein stammt aus dem Jahr 1741/42. Die letzte Beerdigung einer Jüdin (Henriette Goldschmidt) fand 1937 statt. Es gibt auf dem jüdischen Friedhof Pr. Oldendorf eine ganze Reihe von sehr alten und „schönen“ Grabsteinen, was ihre Ästhetik und ihre Kalligrafie angeht. Sechs Grabsteine haben als Symbol „Segnende Hände“. Das ist sehr selten und hängt mit den beiden früheren jüdischen Familien Cahen zusammen, denen es vorbehalten war, in den Synagogen-Gottesdiensten den „Priester“-Segen zu erteilen.

Über die Hälfte der Gräber stammt von den drei noch heute bekannten jüdischen Familien Cahen, Löwenstein und Ehrlich. Auf den anderen Grabsteinen finden wir die Namen Rintels, Hurwitz, Goldschmidt, Schönthal, Schutz und Rhee. Am monumentalsten wirkt die Familiengrabstätte von Levy Abraham Löwenstein, einem bekannten Oldendorfer Kaufmann und Tuchhändler, der z.B. schon 1810 auf der Leipziger Messe war und auf einem Werbezettel mit neuesten Stoffen und Tüchern um Kunden in Oldendorf und Umgebung warb.

Nach Lübbecke und Rahden war Preußisch Oldendorf in früheren Zeiten die drittgrößte Synagogengemeinde im Altkreis Lübbecke. Sie besaß schon sehr früh eine jüdische Schule (Erwerb des Grundstücks 1797) und eine Synagoge (Einweihung 1863), die auf dem Parkplatz des heutigen Hotels Deeke an der Mindener Straße gestanden haben.

Die jüdische Schule wurde 1938 wegen Baufälligkeit (noch vor der Pogromnacht am 9.November) und die Synagoge Ende der fünfziger Jahre (nach 1957) abgebrochen. Es gibt keine Fotos von diesen beiden Gebäuden.

Die einzigen realen und letzten Zeugnisse einer einst blühenden jüdischen Gemeinde stellen heute nur noch die 58 Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof Pr. Oldendorf in einer Zeitspanne von 1740 – 1937 dar. Die letzte jüdische Familie Georg Ehrlich musste im Oktober 1938 Pr. Oldendorf verlassen. Der einzige jüdische Bürger von Preußisch Oldendorf, der den Holocaust überlebte, war der Schlachter und Kaufmann Alfred Ehrlich, der ein erschütterndes Dokument über die Zeit von 1933 –1945 hinterlassen hat: „12 Jahre nazistische Schreckensjahre“ (Typoskript im Stadtarchiv Pr. Oldendorf).

Bei der Touristik-Preußisch Oldendorf sind hierzu eine Broschüre (Autor Hans-Joachim Karrasch) und das umfangreiche Buch "Jüdisches Leben in der Stadt Preußisch Oldendorf" (Autor Dieter Besserer) erhältlich.
Ansprechpartner: Christian Streich

Seite zurück Nach oben